Page 15 - Leitlinie zur Spirometrie
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Leitlinie zur Spirometrie
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atmet wird, wird als FIV1 bezeichnet. Ihre Bestimmung kann nicht unmit- telbar im Rahmen der routinemäßigen Spirometrie integriert werden, da sie ein separates Atemmanöver erfordert. Dieses forcierte Inspirationsvolumen in 1 Sekunde beträgt bei gesunden Probanden ca. 95% der IVC. Es ist ein Maß für die inspiratorisch wirksame Obstruktion und für die inspiratorisch wirksame Muskelkraft, die mit der Dyspnoe korreliert ist. So ist z.B. bei mittel- bis schwergradiger COPD die Besserung der Dyspnoe nach Inhala- tion eines Betamimetikums mit einer Zunahme der inspiratorischen Einse- kundenkapazität (FIV1) verbunden. Die Zunahme der FIV1 erklärt sich aus der Abnahme der inspiratorisch wirk- samen Obstruktion und der Reduktion der Lungenüberblähung, die wiederum zu einer Zunahme der Inspirationskraft führt. Häufig ändert sich bei schwerer COPD die FIV1 stärker als die exspira- torischen Parameter, die sich aufgrund des Atemwegskollapses kaum ändern können.
Zur Inhalation aus Pulversystemen ist immer ein inspiratorischer Mindest- fluss erforderlich. Durch die Messung des inspiratorischen Spitzenflusses (PIF) kann abgeschätzt werden, ob die Patienten in der Lage sind, aus einem Pulversystem suffizient zu inhalieren, wobei natürlich der Widerstand des Pulversystems genauso zu berücksich- tigen ist. Auch die Messung des inspi- ratorischen Spitzenflusses erfordert ein separates Atemmanöver.
Das Residualvolumen (RV) ist mit- tels Spirometrie nicht messbar. Ein hohes Residualvolumen bei obstruk- tiver Ventilationsstörung, auch “stati- sche Überblähung der Lunge” genannt, kann durch Messung der inspirato- rischen Kapazität (IC) abgeschätzt werden. Darunter versteht man das Volumen, das aus der Atemruhelage
maximal einatembar ist, also das Volu- men zwischen FRC und TLC (Abb. 1). Es sollte der Mittelwert aus 3 Manö- vern zur Auswertung kommen. Die in- spiratorische Kapazität ist ein aus der Spirometrie, d.h. ohne Ganzkörper- plethysmographie gewinnbares Maß zur Abschätzung der spirometrisch an- sonsten nicht erfassbaren Lungenüber- blähung. Die Besserung der Lungen- überblähung unter Bronchodilatation kann daher durch die Bestimmung der IC gemessen werden, die Besserung der IC geht auch mit einer Besserung der Dyspnoe einher. Eine Verminde- rung der IC auf unter 25% der TLC ist mit einer ungünstigen Prognose ver- bunden.
Stenosen in den extrathorakalen Atemwegen drücken sich in höherem Maße auf die Inspiration aus, so dass die Flusslimitation, die durch die obe- ren Atemwege bedingt ist, in den for- cierten Inspirationsmanövern sichtbar wird (s.u.).
Normalwerte
Bei den bisher in Deutschland ver- wendeten Normalwerten handelt es sich um die sogenannten EGKS-Werte (Europäische Gesellschaft für Kohle und Stahl), welche zuletzt 1993 von der European Respiratory Society (ERS) publiziert wurden [1]. Tabelle 4 zeigt die Regressionsgleichungen zur Berechnung der entsprechenden Soll- werte.
Die EGKS-Werte entsprechen weder epidemiologisch(hochausgewähltePo- pulationen), noch biostatisch (unzurei- chende Regressionsanalysen) den heu- tigen Anforderungen. Die Global Lung Initiative (GLI) publizierte 2012 spiro- metrische Referenzwerte basierend auf qualitätskontrollierten Messungen in verschiedenen Ländern (74.187 gesun-


































































































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