Page 9 - Leitlinie zur Spirometrie
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Leitlinie zur Spirometrie
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der Atemlage vollständiger Inspiration (zur Totalkapazität TLC) und der Atem- lage vollständiger Exspiration (zum Residualvolumen RV) gemessen wer- den kann („Atemhub“). In Deutschland und einigen europäischen Ländern wird sie in Form der “inspiratorischen Vital- kapazität” IVC bestimmt. Hierzu wird aus normaler Ruheatmung langsam bis zum RV ausgeatmet und anschlie- ßend zügig – aber nicht forciert – bis zur TLC eingeatmet. In Großbritannien und Nordamerika wird die Vitalkapazi- tät teils während einer langsamen (“re- laxed”) Exspiration vom TLC-Niveau aus mit ansteigender Anstrengung am Exspirationsende gemessen und lie- fert die exspiratorische Vitalkapazität (EVC). In der Regel jedoch erfolgt die Exspiration forciert und führt zur „forcierten exspiratorischen Vitalkapa- zität“ (FVC). Bei gesunden Probanden besteht keine systematische Differenz zwischen IVC und EVC. Bei obstruk- tiven Lungenerkrankungen kann die IVC allerdings deutlich größer sein als EVC und FVC, und EVC ist in der Regel größer als FVC, infolge von ab- geschlossenen Luftarealen durch Kol- laps bei der beschleunigten Exspiration („trapped air“).
Dynamische Lungenfunk­ tionsparameter und maximale exspiratorische Atemstromstärken
Als forcierte Exspiration wird das Manöver bezeichnet, bei dem der Pro- band zügig bis zur TLC einatmet und sofort danach, ohne Pause, mit ma- ximaler Anstrengung über mehrere Sekunden bis zum Residualvolumen ausatmet. Die maximale Muskelkraft soll dabei “schlagartig” und nicht all- mählich aufgebaut werden; daher ist
es wichtig, den Patienten anzuhalten, sich auf einen möglichst „augenblick- lichen“ Beginn der forcierten Ausat- mung zu konzentrieren. Bei dem for- cierten Exspirationsmanöver – auch Tiffeneau-Test genannt – werden das forcierte, exspirierte Volumen in der ersten Sekunde (Einsekundenkapazi- tät,FEV1)sowiediemaximalenexspi- ratorischen Atemstromstärken (FEFxx) bestimmt. Dabei wird sowohl das Vo- lumen gegen die Zeit aufgetragen (Vo- lumen-Zeit-Kurve) als auch die Atem- stromstärke gegen das Lungenvolumen (Fluss-Volumen-Kurve) (Abb. 1).
In der Routine wird die Bewertung der Fluss-Volumen-Kurve bevorzugt, sowohl für die klinische Interpretation als auch für die Beurteilung der Quali- tät der Untersuchung.
Wird die forcierte Exspiration verzö- gert begonnen, sollte der Versuch mög- lichst wiederholt werden. Die meisten Spirometer führen in diesem Falle eine Rückextrapolation durch, um den tat- sächlichen Beginn des forcierten Ma- növers zu bestimmen, insbesondere für die zeitabhängigen Parameter, wie das FEV1. Das korrigierte (rückextra- polierte) Volumen sollte in jedem Falle unterhalb von 150 mL liegen. Es wird empfohlen, die automatische Rückext- rapolation immer eingeschaltet zu las- sen.
Bei dem forcierten Exspirationsma- növer sind zwei Phänomene zu berück- sichtigen:
Die Anstrengungsabhängig- keit (“effort-dependence”)
Bei der maximalen exspiratorischen Anstrengung sind die exspiratorischen Atemstromstärken durch die Kompres- sion der Atemwege häufig etwas gerin- ger als bei submaximaler Anstrengung, was sich insbesondere bei Patienten mit obstruktiver Ventilationsstörung aus-


































































































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